Nichts geht ohne sie: 656 Muskeln bringen unseren Körper in Bewegung und geben ihm Halt. Eine wichtige Rolle spielen auch die Faszien, jenes feine Bindegewebe, das Muskelstränge, Knochen und Organe überzieht, den Körper im Innersten zusammenhält. Bewegungsmangel ist Gift für Muskulatur und Faszien. Zum Glück können wir viel tun, um sie fit zu halten.

Arbeitswillige Muskeln

Unsere 400 Skelettmuskeln stützen die Knochen und halten die Gelenke beweglich. Bei jedem Schritt, jedem Griff, sogar bei jedem Lächeln leisten sie Teamarbeit. Und je nach Anforderung lassen sie Bewegungen schnell oder langsam, geschmeidig oder ruckhaft ablaufen. Eine gut trainierte Muskulatur ist die Bedingung für Koordination und Reaktionsschnelle, und sie reduziert Verletzungen: Weil Muskeln uns abfangen, wenn wir stolpern; weil sie das Rückgrat stützen, wenn wir stundenlang auf Bürostühlen sitzen.

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Muskeln wollen arbeiten und leisten. Das ist ihre Natur. Sie brauchen Reize, um stark zu bleiben. Doch im technisierten Alltag werden sie kaum gefordert, und das hinterlässt Spuren: Die Muskeln verkümmern, schrumpfen und erschlaffen. Dieser Prozess schreitet rasch voran! Bereits ein Monat ohne Beanspruchung verringert sich die Muskelkraft um 35 Prozent. In der Fachwelt gibt es für dieses Phänomen einen Namen: Atrophie, der Schwund des Gewebes.

Atrophierte Muskeln ziehen Probleme geradezu an. Das Schwinden führt dazu, dass die Gelenke rebellieren, das Rückgrat streikt oder der Nacken schmerzt. Für Sitzen und Herum lümmeln sind die Kraftpakete schlichtweg nicht gemacht. Sie langweilen sich – bis sie krank werden.

Übung eins – Wendige Kobra

Schult die Körperwahrnehmung: den Rücken runden und das Brustbein heben, im Anschluss das Brustbein senken und den Rücken durchhängen lassen. Die Bewegungen fließen ineinander, große und kleine wechseln sich ab. Den Impulsen des Körpers folgen: Der Rücken schwingt von Seite zu Seite, bildet Kreise, Wellen und formt Achten.


Vielseitige Faszien

Auch den Faszien setzt Bewegungsmangel zu. Vor wenigen Jahren galten sie noch als bloßes Stützgewebe, mittlerweile sind Wissenschaftler ihrer wahren Bedeutung auf der Spur. Faszien stabilisieren und formen nicht nur, sie lassen auch die Muskelstränge reibungslos aneinander gleiten, halten straff und belastbar. Und sie ermöglichen kraftvolle und zugleich geschmeidige Bewegungsabläufe.

Unsere Beinfaszien speichern sehr viel Bewegungsenergie. Das Bindegewebe unterstützt uns so, wenn wir hüpfen, rennen, gehen und federn. Faszien sind besonders empfänglich für mechanische Reize und wiederkehrende, regelmäßige Belastung. Sie wollen gedehnt, gedrückt, gequetscht und geknetet werden. Dadurch vermehren sich bestimmte Proteine, Zellen werden größer – und der gesamte Körper ist im Fluss.


Übung zwei – Flexible Feder

Trainiert die Federkraft: Das Gewicht in die Hände verlagern, die Knie spielerisch strecken, anziehen und mit den Bewegungen experimentieren. Aus einer stabilen Position heraus mit den Fersen wippen. Kleine Hüpfer einbauen und sanft landen. Die Waden bleiben entspannt.


Ungleiche Partner

Faszien und Muskeln sind unterschiedlich aufgebaut. Es sind besonders straffe Faszien, die Muskelstränge wie eine Kapsel umschließen. Andere Formen des Bindegewebes enthalten einen hohen Anteil an elastischen Fasern, das sogenannte Elastin. Dazu zählen die Faszien der Lunge und der Blase – denn hier ist Dehnbarkeit gefragt.

Das richtige Training

Das beste Mittel für starke Muskeln und geschmeidige Faszien ist regelmäßige Bewegung. Sie können nicht isoliert  voneinander trainiert werden – doch lässt sich der Schwerpunkt mal mehr auf die Muskulatur und dann wieder auf das Bindegewebe legen. Der Muskel ist ein angenehmer Trainingspartner, dankbar für jede Beanspruchung. Er ist flexibel und passt sich den jeweiligen Anforderungen und Belastungen an. Anfänger sollten zunächst mit wenig Krafteinsatz die Koordination der Muskeln schulen – zum Beispiel mit Yoga.

Es ist ratsam, größere Teile des Körpers zu bewegen statt einzelne  Muskeln. Dafür eignen sich Sportarten wie Schwimmen, Rudern oder Walken: Du trainierst gleichzeitig Schultern, Arme und Beine und hast ein geringes Verletzungsrisiko. Allerdings: Die eine Sportart, mit der man ein Leben lang fit und geschmeidig bleibt, gibt es nicht. Viel wichtiger ist es auf das eigenen Bauchgefühl zu hören und sich zu fragen: Welcher Sport tut mir gut? Zu welchen Übungen muss ich mich immer wieder überwinden – und welche Übungen mag ich besonders gern.
Wichtig ist zunächst, regelmäßig Bewegung in den Alltag einzubauen.

Als zweite Stufe empfiehlt sich ein Kraft-Ausdauer-Training, gefolgt von gezielten Muskelaufbauübungen. Um den Muskel möglichst vielseitig aufzubauen, sollte das Training aus variantenreichen, immer wieder abgewandelten Übungen bestehen. Ebenso empfehlenswert: Gerätetraining oder Übungen mit Hanteln und je 20 Minuten beispielsweise auf dem Crosstrainer und am Rudergerät. Eine Mischung auf Kraftübungen und Ausdauertraining ist am besten, im Idealfall halten sich beide Sportvarianten die Waage.

Entscheidend für die Wahl der Sportart ist auch das Ziel, das man erreichen will, und der individuelle Trainingsstand. Lange sehnige Muckis, imposante Sixpacks oder Schmerzfreiheit – wer weiß, was er will, kann sich sein Programm passend zusammenstellen.

Muskeln freuen sich über Bewegung, nehmen rasch an Umfang zu und werden kräftiger. Faszien dagegen sind echte Spätentwickler. Sie verändern sich langsam, aber kontinuierlich, und sprechen besonders auf regelmäßiges Training an.


Übung drei – Kreativer Krieger

Dehnt die Faszien: Das vordere Knie bildet einen rechten Winkel, die Hände zeigen zum Himmel. Mit dem Becken oder der Ferse in Richtung Boden federn – die Bewegungen sind klein, sanft und angenehm. Nach dem Federn mit den Händen in verschiedene Richtungen greifen, den Oberkörper dehnen.

Kreativer Krieger

Kreativer Krieger

Kreativer Krieger

Etwa ein bis zwei kurze Einheiten pro Woche über mehrere Monate hinweg genügen, um ein geschmeidig kraftvolles Bindegewebe aufzubauen. Das Besondere: Die Übungen lassen sich problemlos und ohne viel Zeit in Anspruch zu nehmen in ein bestehendes Muskeltraining einbauen. Führt man sie im Anschluss an eine Runde Ausdauersport aus, fällt sogar das Aufwärmen weg.

Faszien wollen gefordert werden. Das erreicht man am besten durch Dehnübungen, bei denen sanft in die Dehnung hinein gefedert wird. Das Wippen regt das Bindegewebe an, mehr elastische Fasern aufzubauen, was langfristig wiederum zu einer größeren Dehnbarkeit führen kann.


Übung   vier – Biegsamer Baum

Fördert die Beweglichkeit: mit geradem Rücken auf den Boden setzen und die Beine grätschen. Die Arme über den Kopf strecken und mit den Fingerspitzen in den Raum schieben – so, als ob du etwas greifen willst. Die Position spielerisch abwechseln, der Rücken folgt der Bewegung. An Stellen verharren, die sich über Dehnung freuen – und sanft in die Dehnung hineinfedern.

biegsamer Baum

biegsamer Baum

biegsamer Baum


Faszien lieben sanfte, wippende Bewegungen.
Neben regelmäßigen Übungen zählt auch die richtige Ausführung. Faszientrainer schwören dabei  auf das sogenannte „Ninja-Prinzip“: Während des Wippens achten sie auf möglichst geschmeidige Abläufe, vermeiden ruckartige Bewegungen und bremsen Richtungswechsel sanft ab – ähnlich einem japanischen Krieger, der sich lautlos wie eine Katze bewegt.

Das hilft und hält fit – Yoga

Die Lehre der bewegten Meditation – Yoga lohnt sich, wenn du die Muskeln kräftigen und flexibel halten willst. Außerdem schulen die Übungen das Gleichgewicht, sorgen für einen sicheren Stand und eine gute Balance.


Übung fünf – Achtsames Quetschen

Verbessert die Faszienstruktur: Bauchnabel leicht nach innen ziehen und die Schulterblätter am Rücken nach unten führen. Ein Bein anwinkeln und die Rolle unter der Innenseite des Oberschenkels platzieren. So viel Gewicht auf die Rolle verlagern, dass es wohltuend schmerzt. In Zeitlupe von oberhalb des Knies bis zur Leiste rollen, dabei den Druckpunkt leicht und achtsam variieren. Auf die gleiche Weise Vorder-, Außen- und Rückseite des Oberschenkels ausrollen.

Faszien

Faszien

Faszien

Faszien
Fotos © Daniel Waschnig Photography


Faszienmassage – 
Für diese Methode bedarf es keines Masseurs, sondern einer “Blackroll“, einer speziellen Hartschaumrolle. Übende rollen langsam mit Oberschenkel, Waden, Rücken und Gesäß über die Röhre. Eine Geschwindigkeit von etwa einem Zentimeter pro Minute gilt dabei als ideal. Der Druck des Körpergewichts presst Muskeln und Bindegewebe zusammen, mögliche Verklebungen und Verspannungen lösen sich, und die einzelnen Schichten können wieder besser aneinander vorbeigleiten.

Gleichzeitig werden „gerollte“ Körperstellen besser durchblutet und durch den Druck regelrecht ausgewrungen. Im Anschluss kann sich das Bindegewebe wieder mit frischem Gewebewasser vollsaugen. Der Nachteil: Beim ersten Versuch melden sich oft schmerzhafte Stellen. nach langsamen Wiederholungen werden sie deutlich geschmeidiger. Wie stark die Faszien im ersten Training ziepen, hängt auch von der verwendeten Rollenhärte ab. Je härter sie ist, umso schmerzhafter fällt das Training aus. Einsteiger üben deshalb zunächst mit einer weicheren Rolle und machen wenige Wiederholungen. Es genügt fünf- bis zehnmal über die jeweilige Stelle zu rollen.